Die EU-Kommission und das E-Auto: „Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln“

Die deutsche Automobilindustrie hat jetzt erst begriffen, dass ihr mit dem EU-Regelwerk zur Emissionsminderung, an dem sie selbst mitgewirkt hat, eine tödliche Falle droht. Nun versucht sie, sich mit einer weiteren regulatorischen Bilanzmanipulation zu retten.

Der EU-Kommission ist wider Erwarten ein Lichtlein aufgegangen. Unbekannte haben ihr gesteckt, dass die Einstufung von E-Autos als Nullemissionsfahrzeuge möglicherweise fragwürdig ist, weil bei der Produktion des Stroms wie auch der Autos durchaus Treibhausgasemissionen entstehen.
Zwar waren intern zunächst unüberwindlich erscheinende Widerstände aus dem Weg zu räumen. Doch die Kommission hat tatsächlich einen Denkvorgang begonnen und weitgehend unfallfrei abgeschlossen. Sie will sogar Konsequenzen ziehen!
Als Ergebnis wurden dieselben Bullshitjob-Inhaber, die gerade erst mit dem EU-Flottengrenzwert eine regulatorische Bilanzmanipulation (die Ausblendung aller Emissionen der Elektromobilität) in Gesetzesform gegossen hatten, damit beauftragt, nun beinahe das Gegenteil zu tun. Erstes Arbeitsergebnis ist der Entwurf eines Rechtsakts, der eine Methode für die Berechnung und Überprüfung des CO2-Fußabdrucks der Traktionsbatterien über den gesamten Lebenszyklus festlegen soll.

Zwei Elemente dieses Rechtsakts machen der deutschen Automobilindustrie schwer zu schaffen: Erneuerbare-Energien-Zertifikate sollen keine Berücksichtigung finden, und die Emissionen der Stromproduktion sollen anhand des nationalen durchschnittlichen Netzmixes berechnet werden.

Tja, dumm gelaufen für deutsche Autohersteller.
Denn Deutschland hat vor kurzem die letzten sechs Kernkraftwerke abgeschaltet und fördert unbeirrbar die nicht bedarfsgerechte Produktion von Strom. Weil die Abhängigkeit der PV-Anlagen und Windräder von Tageszeit, Wetter und Jahreszeit jetzt nur noch von fossilen Kraftwerken ausgeglichen werden kann, bleibt der deutsche Strom nicht nur teuer, sondern ist auch noch einer der schmutzigsten in Europa.

Das sind keine guten Standortbedingungen für die Fertigung von Batteriezellen in Deutschland. Diese ist schon aus Kostengründen fragwürdig. Nun droht auch noch eine schlechte ökologische Bewertung.

Um dieses Unheil abzuwenden, schlägt der VDA in einer Pressemitteilung vom 29.5.24 die Anerkennung von Stromabnahmeverträgen (Power Purchase Agreements, PPA) und Stromzertifikaten vor (was eine neue Form des Ablasshandels ermöglichen würde).
Außerdem solle anstelle des nationalen durchschnittlichen Netzmixes ein regionaler Strommix (z. B. der EU) als Standardansatz verwendet werden.

In anderen Worten:
Der VDA versucht, u.a. von den niedrigen Emissionen der französischen Atomkraftwerke zu profitieren.
Er hofft inständig, auf diese Weise die Konsequenzen des Desasters der von mehreren Regierungen in Folge vermurksten deutschen Energiewende ausgleichen zu können.

Die deutsche Automobilindustrie hat spätestens seit etwa 2019 aktiv an den bestehenden Regelungen mitgewirkt. Sie ist daher nun mit Problemen konfrontiert, die sie teils selbst verursacht hat.

Das Ausmaß an Dummheit der involvierten Politiker wie auch der Automobilmanager ist schier unfassbar.
Am meisten sollte beunruhigen, dass dieses Personal sich alsbald wohl anderen Aufgaben zuwenden und dort erneut Schaden anrichten wird. Bedauern verdienen nur die Angestellten, die aufgrund der Fehler von anderen ihre Jobs verlieren werden.

Nachtrag:
Wer nun glaubt, der Entwurf des neuen Rechtsakts führe zu einer korrekten Ermittlung der Treibhausgasemissionen der Batteriefertigung, der irrt.
Die Emissionen wenigstens zur Kenntnis zu nehmen, ist gewiss ein Schritt in die richtige Richtung – mehr aber nicht. Der Durchschnittsansatz bleibt grundverkehrt, da er der grotesken Annahme entspricht, die Emissionen des Stromnetzes wären lastunabhängig. Dazu müssten entweder alle Kraftwerke gleich hohe Emissionen haben, oder alle Kraftwerke müssten synchron hoch- bzw. heruntergeregelt werden. Beides ist definitiv nicht der Fall.

Der neue Rechtsakt würde daher zwar nicht mehr alle, aber weiterhin einen großen Teil der THG-Emissionen des E-Autos vertuschen. Die folgende Grafik stammt aus einer Studie des VDI vom Dezember 2023. Der nachträglich hinzugefügte grüne Pfeil zeigt beispielhaft den auf diese Weise erzielbaren Greenwashing-Effekt an:

Ohne einen großen Kehraus in EU-Kommission und -Parlament wird sich daran wohl nichts ändern.

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